Skurrile Assemblagen von Konzeptkünstler Busch

Wie, das sehen die Besucher, des Kunst-Events am Freitagabend, wenn Busch den Speicher über dem Kita- und Theaterhaus für Publikum öffnet. Auf einer Seite hat er seine ausladenden Materialcollagen versammelt. Jede zu einem anderen Thema und mit allen auffindbaren Hilfsmitteln, die hier zweckentfremdet sind, aber in der speziellen Kombination durchaus Sinnbezüge haben. Die erschließen sich nicht immer auf Anhieb. Der Betrachter braucht schon eine Weile und muss genau hinsehen, was Busch dort alles versammelt hat, um beispielsweise die Frage aufzuwerfen: „Was ist deutsch?“ Das Titelbild einer Beilage der Bild-Zeitung zur Wiedervereinigung hat er in die Mitte dieser Assemblage geklebt. Ausgerechnet Veronica Ferres und Maria Furtwängler stehen dort stellvertretend für die deutsche Frau im deutschen Wald – mit Wolf. Umgeben sind sie von Trittleiter, Besen und beliebten Küchenhelfern – wie Handmixer und elektrischen Messern, die sogar noch in Betrieb gehen, wenn man den Schalter bedient. Unten rechts ein Blick auf die Männerwelt der 60er Jahre jenseits der Mauer: drei Herren mit Anzug, blank geputzten Schuhen und Zigarette, die sich gerade zuprosten.

Einer hat offensichtlich Westkontakte, denn er hat eine originale Coca Cola-Flasche in der Hand. Bilder wie diese lesen sich ganz anders, wenn Julius Busch sie arrangiert hat. Sie animieren zum Entwickeln von Geschichten und werfen neue Fragen auf. „Mich interessiert das Wüste“, sagt er, der von Berufs wegen vorwiegend zuhören und sortieren muss. In der Kunst kann er sich mitteilen, da kann er Wortbedeutungen nachspüren und kreativ neue Zuordnungen finden, statt in Schubladen zu sortieren.

Der erste Eindruck auf der obersten Treppenstufe im Dachgeschoss allerdings ist ein anderer. Der Blick in den linken und größeren Teil der Ausstellung vermittelt Stille. Man ist offenbar an einem Ort des Gedenkens angelangt, wie die exakte Reihung von offenen 104 Schachteln gleicher Größe vermittelt. In drei Etagen säumen sie rechts und links die Wand, ähnlich wie die Wandgräber auf italienischen Friedhöfen. Davor stehen auf Ständern weitere Exemplare aus Holz. In jedem „Fach“ klebt ein Keramikfoto, darunter Schrift, die allerdings weder Namen noch Lebensdaten verrät, sondern als Denkanstoß dient.

Meist hat Busch gebräuchliche Begriffe neu kombiniert und mit Hilfe der Fotos mitunter humorvoll hinterfragt. Er benutzte historische Bilder aus dem Familienalbum und ließ den Fotografen Axel Joerss neue aufnehmen. Familie, Freunde und Mitglieder des matchbox-Ensemble standen Modell für skurrile Aufnahmen, die Busch als Regisseur arrangierte.

Dieser Teil der Ausstellung „Säuberung der Gunstbeweise“ ist in einem Katalogbuch (39,95 EUR) dokumentiert. Außerdem hat Busch eine Spezialedition mit Original plus Katalog aufgelegt, Kostenpunkt: 800 EUR.

Ausstellung: Freitag, 15. April, um 19 Uhr, ehemalige Zündholzfabrik, Hitdorfer Str. 169.

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